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Doctor Who Staffel 11 Folge 1 Review – Eine Frau auf Identitätssuche

Schnappatmung hoch 10! Die Einführung von Jodie Whittaker als 13. und erste weibliche Inkarnation von „Doctor Who“ ist nicht nur aus feministischer Sicht eine Offenbarung für mich (und viele andere weibliche Fans), sondern auch aus persönlicher. Mit dem letzten Doctor wurde ich nie warm und auch mit Steven Moffats Serienkonzept hatte ich so meine Probleme. Wie der neue Showrunner Chris Chibnall die „Time Lady“ einführt, finde ich großartig. Lest meine Review zu Doctor Who Staffel 11 Folge 1.

 

Doctor Who Staffel 11 Folge 1 Review

© pixabay

So viel Rummel und Diskussion um die erste weibliche Inkarnation des Doctors gemacht wurde, so unaufgeregt geht die erste Folge der Staffel mit dem Geschlechtswechsel der Hauptfigur um. In den schlimmsten Communitys auf Reddit gab es wohl einigen Hass über die „feministische Propaganda“, die ein weiblicher Doctor bedeuten würde. Jodie Whittakers Doctor sieht das in ihrer ersten Folge ganz gelassen und ist sich ihres Geschlechts zuerst gar nicht bewusst. Sie platzt herein, voll damit beschäftigt, ihre neuen Companions vor außerirdischer Bedrohung zu retten, und hat keine Zeit, sich über ihren Körper oder damit einhergehende Implikationen Gedanken zu machen. Erst, als Companion Yas sie mit „Madam“ anspricht, wird sie stutzig:

„Why are you calling me madam?“ – „Because you’re a woman.“ – „Am I?“

Damit hat es sich aber auch schon gegessen – weiter wird ihr Geschlecht nicht kommentiert – zumindest nicht explizit. Chris Chibnall zeigt nämlich im Verlauf, dass er durch seine „Doktorin“ sehr viel zum Thema Feminismus zu sagen hat, auch ohne dass seine Protagonistin anfängt, ihr Brüste zu thematisieren (wie ich es halbwegs befürchtet hatte).

Eine Frau auf der Suche nach Ihrer Identität

Der Doctor hat nämlich ein Problem. Sie weiß ihren Namen nicht, weiß nicht, wer sie ist. Auch die TARDIS ist weg (ist bei der Verwandlung implodiert), ebenso wie ihr Sonic Screwdriver, verlässlicher Helfer im Kampf gegen Aliens. (Freudsche Kastrationsanspielungen möchte ich ungern unterstellen, haha.) Selbst ist die Frau, heißt es doch so schön, und so baut sich die Doktorin kurzerhand einen neuen Schraubenzieher aus allerlei Schrott zusammen. Und während sie das tut, kommentiert sie ihre Identitätsfindung. Diese war noch nie so wichtig wie bei der Reinkarnation dieses Doctors. Sie spricht davon, dass alle ihre früheren Identitäten im Prozess der Verwandlung in ihr widerhallen und erst zu ihrem neuen Ich finden müssen.

Ich sehe darin einen klaren Kommentar auf die Lebensrealität weiblicher Who-Fans. Alle Frauen müssen diesen Prozess durchmachen. Weibliche Vorbilder gab und gibt es zwar, sie sind nur zu sehr unterdrückt, zu marginalisiert von der männerbestimmten Welt. Sie müssen erst zu uns finden.

Die Unsicherheit der Doktorin über die eigene Identität, gepaart mit dem pragmatischen Ansatz, sich die Hilfsmittel für den Umgang mit der Welt einfach selbst zusammen zu bauen, spiegelt meiner Meinung nach die Lebenssituation vieler Frauen wieder, die sich selbständig machen von äußerer Hilfe. Für Frauen gibt es selten das „gemachte Nest“, in das sie sich setzen können, kein Netzwerk, keine Tradition, die besagt, dass Frauen „schon immer“ diese und jene Funktion eingenommen haben. Sei es beruflich oder privat. Diese Frauenfigur erfindet sich komplett selbst, sogar ihr Erkennungszeichen, die TARDIS, steht nicht selbstverständlich zur Verfügung. Chibnalls „Time Lady“ versteht ihre weiblichen Zuschauer und zeigt uns gleichzeitig auf, wie weit man kommen kann, wenn man gelassen ist und auf seine Fähigkeiten vertraut.

Zu weit hergeholt? Trotzdem wurde die Reinkarnation und der Selbstfindungsprozess eines Doctors (seit des Revivals 2005 zumindest) noch nie so betont thematisiert. Ich denke nicht, dass der Monolog der Doktorin „zufällig“ so geschrieben wurde.

So war die Stimmung in Doctor Who Staffel 11 Folge 1

Der Spannungsbaufbau und kleine Details im Plot haben sich bei dieser Einführungsfolge, „The Woman Who Fell to Earth“, an der ersten Folge vom zehnten Doctor orientiert („The Christmas Invasion“ mit David Tennant). Man muss eine Weile auf die Hauptfigur warten. Für einen möglichst dramatischen ersten Auftritt lassen die Drehbuchautoren die Doktorin dann auch im gruseligsten, spannendsten Moment auftauchen. Gerade, als es für die drei ganz normalen Menschen Graham, Yas und Ryan brenzlig wird, taucht da diese leicht verrückte Frau auf und erzählt was von außerirdischer Bedrohung auf der Zugstrecke.

Die Kamerabilder waren ruhig und episch, zum Beispiel, als Companion Ryan zu Beginn der Folge auf einer Hügelkuppe Fahrrad fahren übt und man den weiten Blick in die Landschaft hat („Broadchurch“ lässt grüßen)!

Die Companions, vor allem den leicht kindlichen, aber sehr sympathischen Ryan und die resolute Polizistin Yas fand ich sehr gelungen.

Am besten aber fand ich Jodie Whittakers Interpretation des Doctors. Sie spielt sie witzig und unbeschwert, aber weniger aufgedreht und albern als Doctor Nummer Elf (Matt Smith). Sie ist hochmotiviert, für ihre neuen Freunde einzustehen („I’m the Doctor, if someone calls for help, I never refuse.“), und erinnert ein bisschen an David Tennants lockere Darstellungsweise, aber sie nimmt sich weniger ernst als Mr.-Charming-Nummer-Zehn. Daumen ganz weit nach oben!!!!

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9 Kommentare

  1. Anica (Medienwelten) 4. November 2018

    Inzwischen gibt es ja schon 4 Folgen der neuen Staffel und bisher gefällt es mir auch echt super. Jodie Whittakers Interpretation der Rolle finde ich super, eine gute Mischung aus dem 10. und 11. Doctor mit was Eigenem dabei. Von Chris Chibnall hatte ich nach Broadchurch auch nur Gutes erwartet und es freut mich echt, dass er es bei Doctor Who genauso gut hinzubekommen scheint. Ich bin super gespannt auf den Rest der Staffel!

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  2. Ulrike 15. Oktober 2018

    das einzige Problem, das ich mit der neuen Figur habe, ist der Dialekt, an den ich mich erst mal gewöhnen musste.

    Antworten
    1. Sabine 16. Oktober 2018

      Hi Ulrike, ja das stimmt, der nordenglische Akzent ist neu, aber irgendwie auch charmant!
      Als London-Fan finde ich es ein bisschen schade, dass es nicht dort spielt wie in der guten alten Russell T Davies-Ära, aber ich verstehe schon, dass sich 90 % der Briten nicht repräsentiert fühlen, wenn immer alles nur in London spielt. 😉

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  3. Sarah 8. Oktober 2018

    DAS!

    Liebe Sabine, ich habe schon auf Twitter kommentiert und geteilt, aber ich weiß wie gut sich Kommentare anfühlen und daher – auch wenn ich grad hundemüde bin (ignorier bitte Rechtschreibfehler, ja) und noch andere Sachen zu später Stunde drängen. Ein Kommentar muss einfach sein.

    Du fasst hier das zusammen, das mir gestern immer wieder durch den Kopf schoss. Ich bekomme noch immer Gänsehaut wenn ich dran denke und hatte gestern Tränen in den Augen. Ich hab, als die Entscheidung, eine Schauspielerin für die Rolle zu engagieren, größtenteils neugierig reagiert, fand die Idee neu und interessant.

    Klar hatte ich auch etwas Zweifel, obs in der Story gut erklärbar ist (ich mein, 12 mal ne 50:50 Chance beim Geschlecht und es wird immer ein Mann?) und vor allem, ob es am Ende nicht doch zur Doktor-greift-sich-an-Brüste-Szene-und-kichert-doof-Szene kommen würde. Aber ich habe Chris da echt Unrecht getan (bzw. bin von Moffat ausgegangen…). Die Umsetzung… grandios – so wie Du es oben beschreibst.

    Was ich aber völlig unterschätzt habe, ist der Effekt, den das auf mich als Zuschauerin hat. Ich habe mir immer eingebildet, dass es egal wäre, ob da ein Mann oder eine Frau den Helden/die Heldin spielt. Und irgendwo ist es mir auch egal, weil ich ja die Werte desjenigen da auf der Leinwand vertrete und gut finde. Und dann kam 13 quasi aus dem Nichts und ich saß da wie vom Donner gerührt. Und dann wurde mir klar, dass es eben doch nicht ganz egal ist. Egal für wie emanzipiert und unabhängig und stark ich mich halte. Diese – eine meiner liebsten Figuren – als Frau zu sehen, zu sehen, dass wir Frauen diese Stärke, diese Ruhe – und diesen Witz! – ohne Trara und Firlefanz verkörpern können. Wow.

    Ich liebe 9 und 10 abgöttisch. 9 ist quasi die dunklere Seite von mir, 10 die hellere, bei der aber auch noch Schatten durchkommen. Die Stärke, die beide verkörpern wollte ich immer an mir selbst sehen. Mit 13 habe ich nun – vom ersten Eindruck – beides. Und beides ohne, dass ich es über Geschlechterstereotype hinweg auf mich übertragen muss. Denn ich bin ja schon irgendwie 13.

    Das liegt vielleicht daran, dass ihr Charakter – von dem was bisher bekannt ist – dem sehr ähnelt, was ich von mir selbst kenne. Aber vermutlich nicht nur. Das Zauberwort lautet Repräsentation.

    Danke für Deine Worte hier!

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    1. Sabine 9. Oktober 2018

      Vielen Dank für deinen enthusiastischen Kommentar, Sarah 🙂
      Es macht so einen großen Unterschied, so eine tolle, starke und kritische Figur mal von einer Frau verkörpert zu sehen. Das ist WIRKLICH „mitgemeint“! Es spricht einen als Frau einfach auf einer ganz anderen Ebene an.

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      1. Elisabeth di Angelo 22. April 2023

        Es ist so schön endlich mal etwas positives über die Jodie Ära zu hören, auch wenn sie jetzt vorbei ist. Bislang habe ich kaum etwas positives über sie lesen können bei Fans. Alle schienen so voreingenommen und unveränderlich wütend zu sein, das der Doctor jetzt weiblich ist. Was für mich total gegen das ist wofür Doctor Who eigentlich steht. Also danke für die ehrliche gute Kritik. Ich hoffe das von dir auch was zum neuen Doctor kommt.

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