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5 Gründe, den Podcast „Paardiologie“ von Charlotte Roche zu hören

Von Kathinka – Seit dem 21. Juni gibt es jeden Freitag auf Spotify eine neue Folge „Paardiologie“ von Charlotte Roche und Ehemann, wie es offiziell heißt. Der Ehemann, das ist Martin, wer Charlotte Roche ist, weiß man. Folge für Folge widmen sie sich einem anderen Aspekt ihrer Beziehung. Die Themen sind vielfältig: von dunklen Kapiteln, die die beiden miteinander erlebt haben, wie üble Streitigkeiten und Alkoholismus, über Wege aus Krisen, Paartherapie und Patchwork-Work bis hin zur Abtreibung. Gemeinsam ist allen Folgen eines. Sie sind schonungslos, schmerzhaft (nicht nur für den Zuhörer, sondern offensichtlich auch für Charlotte und Martin) und absolut ehrlich. Und wen das noch nicht überzeugt, für den kommen hier fünf Gründe, warum „Paardiologie“ unbedingt hörenswert ist.

1. „Paardiologie“ zeigt: Niemand muss perfekt sein

Es gibt zwei verschiedene Ebenen, auf denen „Paardiologie“ funktioniert. Zum einen ist da die Ebene dessen, was gesagt wird. Dinge, die Charlotte und Martin miteinander erlebt und durchgemacht haben. Dinge, die ihnen an anderen auffallen. Dinge, die sie von Therapeuten gelernt haben. Dinge, die sie sich noch nie erzählt haben, die aber jetzt auf den Tisch kommen. In beinahe jeder Geschichte, in jeder noch so kleinen Anekdote wird deutlich, wie unperfekt sie beide sind. Hier ist Charlotte einmal ausgerastet, hier hat Martin etwas gesagt, was sie so verletzt hat, dass sie noch heute darüber nachgrübelt. Charlotte ist nicht gut in diesem, Martin nicht gut in jenem. Das wird auch schon mal breitgetreten, zum Amüsement des Zuhörers – aber auch zum Amüsement der beiden. Denn die zweite Ebene des Podcasts ist, wie etwas gesagt wird. Obwohl die Sprache auf einen „Fehler“, einen „Makel“ oder auf einen heftigen Streit kommt, ändert sich der Ton zwischen den beiden überhaupt nicht. Wenn überhaupt werden die Stimmen noch sanfter. Man hat das Gefühl, es sind ebendiese Imperfektionen, die Charlotte und Martin zu Charlotte und Martin machen. Zu dem Paar, das sie sind. Martins zitterndes Einatmen, wenn er begreift, wie sehr er seine Frau mit einer Aussage verletzt hat, sind dabei ebenso bewegend wie Charlottes liebevolle Neckereien, in denen sie eine vermeintliche Schwäche ihres Mannes zu etwas Besonderem und besonders Liebenswerten ummünzt. Davon sollte man sich definitiv eine Scheibe abschneiden!

2. Ehrlichkeit zu sich selbst und Ehrlichkeit zum Partner

Ehrlichkeit ist ungemütlich. Ehrlichkeit ist schmerzhaft. Und in einer Beziehung gilt das gleich doppelt. Denn nicht nur muss man zu sich selbst ehrlich sein – und das ist ja schon anstrengend genug. Sondern da ist noch jemand anderes, zu dem man ehrlich sein muss und der gleichzeitig zurück ehrlich sein soll – während er wiederum mit sich selbst ehrlich zu sein hat. Puh. Das ist eine ganze Menge Ehrlichkeit. Natürlich kann man jetzt sagen: Ich bin treu, ich habe nichts zu verbergen. Aber es sind die Kleinigkeiten dazwischen, die sich über Jahre in eine Beziehung fräsen können, die unausgesprochen in der Summe irgendwann zu etwas Großem, Unüberwindbaren werden. Charlotte und Martin sind in „Paardiologie“ Inspiration für absolute Ehrlichkeit. Sie leben dem Zuhörer vor, wie es ist, wenn man bereit ist einzustecken, zu verzeihen, mutig zu sein, Dinge auszusprechen, die wehtun können, um diesen dann wiederum mit Verständnis zu begegnen. Sie inszenieren ihre Ehe als einen „safe space“, in dem alles gesagt werden kann, ohne dass es gleich darauf knallt. Natürlich kann man nicht wissen, was passiert, wenn die Mikrophone ausgeschaltet werden. Aber man bekommt nicht den Eindruck, als würde ihnen die Ehrlichkeit schaden. Zumindest hat sich am Ton zwischen den beiden innerhalb der ersten paar Folgen nichts geändert – obwohl Martin durchaus zugibt, dass er die ganze Woche über etwas nachgedacht hat, was Charlotte gesagt hat. Aber ohne jeden Vorwurf, sodass die schonungslose Ehrlichkeit weitergehen kann.

Paardiologie Cover Bild

3. „Paardiologie“ plädiert für Realismus in der Liebe

„Disneyfilme haben mir eine unrealistische Vorstellung von Liebe vermittelt“, heißt es. Denn Disneyfilme – wie auch die meisten „erwachsenen“ Liebesfilme oder Liebesromane hören auf, lange bevor der Alltag beginnt. Und der Alltag bringt Probleme mit sich. Überhaupt bringt es ja schon Probleme mit sich, einen anderen Menschen kennenzulernen. Solange man die rosarote Brille der Verliebtheit aufhat, ist alles am anderen toll. Aber das Rosarot verblasst. Ebenso die Anfangsverliebtheit. Und was bleibt überhaupt übrig, wenn die Honeymoon-Phase vorbei ist? Das hören wir bei Charlotte und Martin. Ihnen gelingt es, das Thema „Ehe“, das ja sonst in der Popkultur eher mit Attributen wie „langweilig“, „einengend“, „sexlos“ in Verbindung gebracht wird, fulminant romantisch klingen zu lassen. Und da die schonungslose Ehrlichkeit immer noch gilt, glaubt man ihnen. Alles. Dass es Spaß macht, miteinander verheiratet zu sein. Dass Geborgenheit und das Bekannte sexy sind. Ein Hoch auf den Realismus in der Liebe!

4. Mühelose Gleichberechtigung

Gleichberechtigung in Paarbeziehungen ist ein weites Feld. Darüber wurde schon jede Menge gesagt und sicher auch noch nicht genug gesagt. Es ist etwas, das man lernen muss – indem man es praktiziert. Nun ist es aber so, dass man meist nur die eigenen Beziehungen als Referenz hinzuziehen kann. Wie schön ist es da, nun zwei Menschen dabei zuhören zu können, wie sie ihre ziemlich mühelos gleichberechtigte Beziehung in Worte fassen. Man hört in jedem Satz den gegenseitigen Respekt für eigentlich alles, was den Partner ausmacht – sei es in Sachen Kindererziehung, Sexualität oder beruflich. Die Möglichkeit, offen zu sein, ohne fürchten zu müssen, verurteilt zu werden, ist bei den beiden der Grundstein für eine gleichberechtigte Beziehung.

5. „Paardiologie“ zeigt Charlotte Roche als starke Frau, die offen mit ihren Schwächen umgeht

Es kursieren im Internet viele Memes, die junge Frauen dazu anhalten, „Pippi“ und eben „nicht Annika“ zu sein. Sie suggerieren, dass Schüchternheit und Vorsicht unfeministisch seien. Und ja, vielleicht ist Pippi tatsächlich die bessere Frontfrau, wenn es darum geht, laut zu sein. Aber das bedeutet nicht, dass es besser ist, Pippi zu sein. Wir unterteilen die eigene Person gerne in Stärken und Schwächen. Auf die Stärken sind wir stolz, für die Schwächen schämen wir uns. Wir machen sie nicht zum Thema, gehen nicht mit ihnen hausieren. Charlotte Roche hingegen tut genau das. Sie thematisiert offen ihre Schwächen. Ihre Ängste, ihre Süchte, Makel. Und – sie schämt sich nicht dafür. Denn all diese Dinge machen sie zu der Frau, die sie ist. Dass Martin sie auch für diese Schwächen liebt, spielt dabei nicht einmal eine Rolle. Es geht nur darum, dass sie selbst im Reinen ist mit sich. Jede Schwäche, die sie offenbart, ist ein Teil von ihr. She owns it. Und diese Ownership ist ihre herausragende Stärke. Denn Stärke ist nicht die Abwesenheit von Schwäche. Stärke ist, sich von Schwächen nicht bestimmen zu lassen. Und genau das lebt Charlotte in „Paardiologie“ vor. Durch Offenheit, Ehrlichkeit und wenig Eitelkeit die Frau zu sein, die man sein will. Eine Frau, die mit sich im Reinen ist. Eine starke Frau.

Hörsüchtige, aufgepasst: Ant1heldin hat auch Hörbücher mit starken Frauenstimmen rezensiert!

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1 Kommentar

  1. Sabienes 5. August 2019

    Erstaunlich, wie Charlotte Roche ihr Privatleben immer mal wieder in die Öffentlichkeit zerrt.
    Ok. Ich gebe mal zu, dass ich nicht ihr allergrößter Fan bin. Andererseits finde ich es dann doch auch immer wieder gut, dass sie sich selbst treu bleibt.
    LG
    Sabienes

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