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#bakerstreetblogs Popkultur unter der Lupe

Nichts geht über das Original: 6 Gründe, heute noch Sherlock Holmes zu lesen

The game is on! – ab heute geht die Aktion #bakerstreetblogs von fiktion fetzt und meiner Wenigkeit los! Zum Auftakt möchte ich euch zunächst die Aktion erklären und dann zum Lesen der originalen Sherlock-Holmes-Geschichten animieren. Sie begleiten mich nämlich seit meiner Kindheit und stehen zu Unrecht im Schatten von Sherlock, Elementary & Co.

Die Aktion #bakerstreetblogs

Karo von fiktion fetzt und ich werden ab heute unserer absoluten Nerd-Leidenschaft frönen und regelmäßig (geplant ist wöchentlich immer am Sonntag) einen Artikel zum Thema Sherlock Holmes posten. Wie es dazu kam? Ich war so froh, in ihr einen zweiten Holmes-Nerd zu entdecken (unter den mir bekannten Bloggern war sie die erste), dass die Idee zu dieser Aktion eigentlich nur der nächste logische Schritt sein konnte 😉 Dieser Überfluss an Holmes-Wissen und Holmes-Begeisterung soll nicht ungenutzt in unseren „brain attics“, wie es Holmes ausdrücken würde, verstauben.

Bei unserer Aktion beleuchten wir z.B. die originalen Geschichten nach bestimmten Motiven, stellen Hintergründe von Arthur Conan Doyles „Holmes-Kanon“ dar oder befassen uns mit Adaptionen und Pastiches rund um den Meisterdetektiv. Wir schreiben abwechselnd über dasselbe Thema oder teilen uns in verschiedene Themen auf. Außerdem kündigen wir Themen vorher an, die sich besonders zum Mitmachen für alle Buchblogger*innen eignen (für die man kein ausuferndes Holmes-Wissen braucht). Das werden z.B. Themen sein wie „Meine Lieblingsadaption“. (Ihr dürft euch aber zu jedem Thema äußern, wenn ihr möchtet.) Elementary, oder?

Nochmal zusammengefasst:

Was: Wöchentliche Artikel unter dem Hashtag #bakerstreetblogs, mal zum gleichen Thema, mal zu verschiedenen.

Wann: (Vorauss.) Jeden Sonntag

Wer kann mitmachen? Alle, die Lust haben, zu Themen, Figuren oder Adaptionen rund um Sherlock Holmes etwas zu schreiben – bitte benutzt den Hashtag.

Meine erste Begegnung mit Sherlock Holmes – und was daraus wurde

Sherlock Holmes begegnete mir zum ersten Mal, als ich ca. 10 Jahre alt war und jeden Gefährten, sei er fiktiv oder nicht, gut gebrauchen konnte. Ich war ein schüchternes Kind und hatte nicht viele Freunde – da waren literarische Welten als Ausgleich von der schwierigen realen Welt gerade willkommen. Und in was für eine literarische Welt tauchte ich an diesem Wochenende ab! Ich fand eine vergilbte deutsche Ausgabe von Der Hund der Baskervilles (mit türkisem 80er-Jahre-Cover) und war sofort gefesselt.

Komplett unvermittelt und ohne Vorwissen wurde ich mit einem rasant denkenden und handelnden Helden konfrontiert, der aber nach außen kühl und überlegen alle Fäden in der Hand hält. Ich wurde vom überfüllten London der 1890er mitsamt Droschkenkutschen ins verlassene Dartmoor befördert und fing an, mit dem treuen Doktor Watson einem rätselhaften Todesfall im Moor auf die Spur zu kommen. Wahrscheinlich habe ich diesen Roman noch am selben Tag ausgelesen. Dass ich von da an die örtliche Leibücherei nach Sherlock Holmes absuchte, versteht sich von selbst. Bis heute gehören die Holmes-Geschichten und alle möglichen Adaptionen davon zu meinem Medienkonsum selbstverständlich dazu. Für mich persönlich sind sie ein Ort der Sicherheit voller liebenswerter, ikonischer Figuren, der trotz Grusel-Elemente nie aufhört, ein wohliges Zuhause für mich zu sein.

Warum überhaupt die originalen Sherlock-Holmes-Geschichten lesen?

Dennoch, so könntet ihr einwenden, sind die Geschichten altmodisch oder für heutige Krimi-Leser zu „läppisch“. Längst haben die Thriller das Regime übernommen, warum sollte man sich diese alten Geschichten mit einem Detektiv im Deerstalker-Hut antun, der Denkaufgaben löst und dabei in keine einzige Schießerei oder Entführung verwickelt wird? Was bringt mich und viele andere Fans (Sherlockians genannt) bis heute dazu, zur Lektüre von Arthur Conan Doyle zurückzukehren, obwohl es so viele spannende Neuerscheinungen, dazu Netflix & Co. als Ablenkung gibt? Und wenn man sich für Holmes interessiert: Reicht es nicht, einfach Sherlock gebingewatched zu haben? Da hat man doch sowieso schon einen Eindruck von der Figur bekommen?

Ja und nein. Da ist zum einen die Tatsache, dass euch die Serie Sherlock viel mehr Spaß machen wird, wenn ihr die ganzen Anspielungen versteht – und dass es Spaß macht, die Veränderungen zu sehen, die die Serienmacher am Protagonisten, verglichen mit dem Original, vorgenommen haben.

Es gibt zum anderen aber auch ein paar wichtige Punkte, warum Arthur Conan Doyles Erzählungen für mich unbedingt zur Pflichtlektüre für Krimi-, aber auch Literaturfans gehören. Los geht’s:

Warum Sherlock Holmes lesen, Grund 1: Es ist Literatur für jede Generation

Die Sherlock-Holmes-Geschichten sind nicht lang und dazu kurzweilig erzählt, sodass ich sie als Kind problemlos lesen konnte (auf Deutsch, natürlich). Während ich damals vor allem den Abenteuer- und Grusel-Aspekt mochte (Conan Doyle spielte gerne mit Elementen der gothic novel, siehe The Hound of the Baskervilles oder The Speckled Band), lernt man als Erwachsene*r andere Handlungselemente zu schätzen. Die teils düstere, aber auch heimelige Atmosphäre von Holmes‘ London, kleine humoristische Elemente, wie sie zum Beispiel von Holmes‘ Arroganz gegenüber Klienten oder Scotland Yard ins Spiel kommen, oder die Faszination für die seltsame Freundschaft zwischen den ungleichen Männern Holmes und Watson. Dazu gleich mehr.

Grund 2: Nichts geht über das Original

Zum anderen kann ich jedem Krimi-Fan nur raten: Schau dir das Original an. Denn wenn Sherlock Holmes für etwas steht, dann für DEN Prototyp des Krimi-Detektivs (es gibt zwar frühere Vorbilder, das waren aber eher kurze Einzelerscheinungen). Seine Art und Weise, nur mit Beobachtung und Deduktion Fälle zu lösen, war nicht nur in der literarischen, sondern auch in der realen Kriminologie neu. Seine Figur und seine Ermittlungsmethoden hatten und haben so einen großen Einfluss auf die Krimi-Welt, dass Agatha Christie es für nötig hielt, sich mit der Figur ihres Hercule Poirot über ihn lustig zu machen. („Ich muss doch nicht mit der Lupe im Staub kriechen, wie es andere Detektive nötig haben!“ meint Poirot einmal sinngemäß.) Von den vielen aktuellen Holmes-Variationen wie bei Elementary oder auch Dr. House ganz abgesehen. Zudem könnt ihr euch das Vorurteil des verstaubten Holmes gleich mal abschminken: Ja, er löst Fälle nur mit seinem Hirn und seiner Deduktionsgabe, aber er ist alles andere als eingerostet: Holmes bleibt immer in Bewegung, verkleidet sich und spioniert seine Feinde aus, liefert sich Verfolgungsjagden auf der Themse oder stellt seinen Kontrahenten eine Falle. Es gibt zwar keinen Psychoterror wie bei modernen Thrillern. Der Nervenkitzel bei Holmes besteht aus dem Kampf Gut gegen Böse, Recht gegen Unrecht, oder Übernatürliches gegen Rationales. So schlicht, so einfach und so gut.

Sherlock Holmes ermittelt

Grund 3: Holmes als absolute Ikone seiner Zeit

Sherlock Holmes steht für sein Zeitalter wie wenig andere fiktive Figuren. Die von Doyle genannten Versatzstücke, wie das Klappern einer „Hansom“-Droschke über Kopfsteinpflaster oder das knisternde Feuer im Kamin, sind absolute Must-Haves, wenn man heute ein Drehbuch oder einen Roman über das spätviktorianische London schreiben möchte. Holmes hat die Wahrnehmung des viktorianischen Zeitalters heutiger Leser oder Zuschauer geprägt.

Diese absolut ikonische Welt voller Londoner Nebel, Dampfeisenbahnen und Pfeifentabak bietet eine Vielzahl serieller Momente, die man als Leser immer wieder erleben möchte, um in die „Holmes-Atmosphäre“ einzutauchen. Allein die Anfänge der Doyle-Geschichten sind berühmt und vielfach adaptiert. Holmes und Watson sitzen gemütlich am Kamin, Holmes sagt, ihm sei langweilig, draußen tobt der Sturm, und schon kündigt sich der nächste Klient an. Mehr braucht es nicht, um sofort wieder von der nächsten Geschichte gefangen genommen zu werden. Conan Doyle hat damit schon lange vor dem Fernsehen und Netflix die richtigen Zutaten fürs „binge“-Lesen geschaffen.

Eine lustige Randnotiz: Bei meinen Recherchen bin ich auf die historische Tatsache gestoßen, dass das London der 1880er und 1890er, also Holmes‘ London, eine gerade frisch umgebaute Stadt war mit vielen neuen Prunkbauten, die zudem Ausgangspunkt gesellschaftlicher Umwälzungen und neuer künstlerischer Strömungen war. Wir sehen Holmes‘ London als zutiefst nostalgischen Ort, eine wohlige Mischung aus Kamin-Gemütlichkeit und Horror, wobei es in Wirklichkeit ein sehr moderner Ort war.

Grund 4: Taucht ab in eine literarische Welt voller Widersprüche

Hier komme ich auch noch einmal auf die Handlungselemente zurück, die man vor allem als erwachsener Leser der Sherlock-Holmes-Geschichten bemerkt und genießen kann. Holmes‘ fiktive Welt ist voller unauflösbarer Widersprüche, angefangen beim Protagonisten selbst. Er ist mal Superheld, mal depressiver Bohemien mit einem Drogenlaster. Die Darstellung von Frauen schwankt zwischen dem Typ der „Abenteurerin“ und dem Typ der beschränkten „damsel in distress“. Holmes und Watson sind zwar treue Patrioten, die Kolonien werden trotzdem als letzte Anlaufstelle für Kriminelle und Ausgestoßene gesehen usw. Diese Zwiegespaltenheit macht für uns heutige Leser Conan Doyles fiktive Welten weiterhin spannend.

Grund 5: Das größte Fandom aller Zeiten

BBC’s Sherlock ist nur die Spitze des Eisbergs. Sherlock Holmes gehört, wahrscheinlich zusammen mit Dracula und Frankenstein, zu den am meisten verfilmten fiktiven Figuren überhaupt. Die  berühmte Serienadaption aus den 80ern und 90ern mit Jeremy Brett ist ein Beispiel, daneben gibt es seit Jahrzehnten unzählige Roman- und Hörspiel-Nachahmungen oder „Pastiches“. Erfolgreiche Autoren wie Anthony Horowitz schreiben „Fanfiction“, denn etwas anderes ist es ja eigentlich nicht, indem sie die ikonischen Figuren Holmes und Watson in neue Abenteuer versetzen. Zudem ist das Holmes-Fandom das älteste Fandom der Welt: Schon 1894 liefen die Fans Sturm, als Conan Doyle seinen Helden (vorläufig) sterben ließ.

Grund 6: Die schönste Freundschaft der Weltliteratur

Das tolle „Holmes-Gefühl“, wie es viele Fans als Grund für ihre Begeisterung angeben, kommt vor allem durch die einzigartige Freundschaftsbeziehung zwischen Holmes und Watson zustande. Ich habe es bereits in meiner Rezension zur Jugendbuch-Pastiche A Study in Charlotte beschrieben. Die Beziehung zwischen diesen beiden ungleichen Charakteren ist faszinierend, lustig, manchmal auch rührend. Watson als bewundernder, stets verlässlicher Freund, und Holmes, der nur selten hinter seine Fassade blicken lässt. Während Holmes Watsons Geduld mit seiner Unberechenbarkeit oft auf die Probe stellt, ist Watson doch stets bereit, sein bürgerliches Leben mit seiner Frau hinter sich zu lassen, wenn ein neues Abenteuer mit Holmes ruft. Aber Holmes bleibt die meiste Zeit unergründlich und macht damit Watson (und den Leser) nur noch neugieriger auf seine Beweggründe, Gedanken und Motive. Ein einzigartiges Spannungsverhältnis, dem man immer wieder von Neuem auf den Grund gehen möchte.

Seid ihr jezt noch neugierig, was Karo zu dem Thema zu sagen hat? Lest ihren Artikel Alter Hut oder zeitloser Klassiker? Warum sich Sherlock Holmes lesen lohnt.


In der nächsten Woche schaue ich mir die Frauenfiguren und das Frauenbild bei Sherlock Holmes ganz genau an – dabei gehe ich natürlich auch auf „THE woman“, Irene Adler, ein. Karo wird sich mit dem Erzfeind von Sherlock Holmes, Professor Moriarty, befassen.

Achtung, Achtung: Die #bakerstreetblogs gibt’s jetzt auch als Hörbuch vom Maritim-Verlag!

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8 Kommentare

  1. Andreas 14. November 2019

    Hallo,
    in einem meiner Artikel beschrieb ich, wieso ich ein Sherlock Holmes Fan wurde. Ich muss sagen, da ging es mir ähnlich, wie hier beschrieben …
    Auf einigen meiner Reisen in verschiedene Länder bemerkte ich, wo uns noch heute die Legende des Detektivs begegnen kann
    http://www.andreasweblog.de/2019/10/19/sherlock-holmes-spuren-in-der-gegenwart
    und fand das so bemerkenswert, dass ich dies aufschreiben musste …
    Andreas

    Antworten
  2. Franzi 28. Oktober 2018

    Huhuuu meine Liebe,

    ach, was ein wunderwundervoller Beitrag hihi und die Bildchen kommen mir doch bekannt vor. Ach, ich würd jetzt gleich am leibsten noch mal von vorne mit meinem Buch anfangen. Aber ich hol mri lieber nächste Woche direkt noch wetiere Geschichten hihihihi. Eine Pastiche kenne ich bisher nicht. Horowitz hab ich aber noch eins ungelesen hier rumliegen :D.

    glg Franzi

    Antworten
    1. Sabine 29. Oktober 2018

      Hey Franzi, danke für deinen Kommentar! Also „The House of Silk“ von Horowitz können Karo und ich uneingeschränkt empfehlen, es ist der Wahnsinn, wie gut er die Holmes-Stimmung einfängt. Ich muss auch noch weitere Krimis von ihm lesen, der ist ja in England total berühmt.
      LG, Sabine

      Antworten
  3. isabel 28. Oktober 2018

    Liebe Sabine,
    was für ein toller Beitrag, ich habe mich schon die Woche drauf gefreut. Ich habe Sherlock ebenfalls schon als Kind geliebt, sowie auch die Serie mit Jeremy Brett, die ich mir sogar als DVD Box geholt habe.
    Freu mich schon sehr auf das was ihr beiden noch „zaubert“.
    Liebe Grüsse
    Isabel

    Antworten
    1. Sabine 29. Oktober 2018

      Hey Isabel,

      vielen Dank für dein Lob! 🙂 Der Jeremy Brett ist toll, ne? Ja es wird noch spannend, ich versuche mich mal im nächsten Beitrag an den Frauenfiguren 😉 Allein zu Irene Adler könnte man einen eigenen Artikel schreiben, haha.
      LG, Sabine

      Antworten
  4. Sabrina 28. Oktober 2018

    Liebe Sabine,

    toller Beitrag!

    Jedes Mal wenn ich mit jemandem die BBC-Serie schaue oder darüber rede, der die Bücher nicht gelesen hat, höre ich mich ständig sagen: „Ja, aber das ist noch viel genialer/witziger, wenn man weiß, dass bei Doyle …“ – das Original ist und bleibt am besten! Aber mir machen die Bezüge zwischen Original und Adaptionen richtig viel Spaß, vor allem, wenn man sie selbst (ganz Holmes mäßig) entdecken muss.

    An ein Pastiche habe ich mich bisher noch nicht heran getraut, aber jeweils der erste Teil von Holmes&Ich sowie Young Sherlock warten schon in meinem Bücherregal.

    Alles Liebe
    Sabrina

    Antworten
    1. Sabine 29. Oktober 2018

      Hi Sabrina,
      danke für deinen Kommentar! 🙂
      Ja das ist der halbe Spaß an so Adaptionen wie Sherlock, zu sehen, welche Motive und Handlungsstränge sie wie verarbeitet haben 😉
      Mir ging’s bei den Roman-Pastiches bis vor kurzem wie dir, ich dachte immer, da kann ja nichts so gut sein wie das Original. Aber dieser Anthony Horowitz versteht echt sein Handwerk, „The House of Silk“ kann ich total empfehlen (werden wir im Rahmen der Aktion auch noch besprechen). Und viele weitere Pastiches sind nette Unterhaltung, auch wenn man als Sherlockian nicht mit allem einverstanden ist.
      Uuuh die Holmes & Ich-Reihe (doofer deutscher Titel) mag ich so gerne – bin gespannt, ob es dir taugt. Young Sherlock kenne ich noch nicht, sollte ich mir auch mal zulegen.
      LG, Sabine

      Antworten

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