Die Luft ist raus bei der Frauenpower von Game of Thrones
Wirklich schade, was aus den Frauenfiguren bei Game of Thrones geworden ist. Nach einigen tollen Entwicklungen bleiben sie jetzt doch wieder in der Abhängigkeit zu Männern verhaftet. Oder sie werden gleich ganz zu kindischen Witzfiguren degradiert.
Kurz vor dem Finale der siebten Staffel von Game of Thrones möchte ich einige Gedanken zu den Frauenfiguren in der Serie loswerden. Die, die überlebt haben, sind langweilig geworden, und die restlichen fielen dem Serientod zum Opfer. Was bleibt da noch übrig, frage ich mich – die hochgelobte Frauenpower, für die die weiblichen Charaktere der Serie berühmt ist, sicher nicht. Ich werfe einen Blick auf die letzten relevanten Frauenfiguren aus Game of Thrones: Daenerys, Cersei, Arya und Sansa (sorry, Brienne – du bist leider nur noch Statistin).
Sansa braucht mal wieder Hilfe
Sansa Stark ist aus vielen Gründen mein Lieblingscharakter aus Game of Thrones, aber vor allem aus der Buchvorlage A Song of Ice and Fire/ Das Lied von Eis und Feuer (lest meinen Artikel zu Sansas wunderbar erzähltem Coming of Age bei A Song of Ice and Fire). Die Buch- und die Serienhandlung weichen zwar an entscheidenden Punkten voneinander ab, trotzdem macht Sansa in beiden Versionen eine tolle Entwicklung durch. Bei Game of Thrones wurde sie über fünfeinhalb Staffeln hinweg wurde nur von den Männern herumgeschubst. Zuletzt konnte sie sich endlich gegen ihren Peiniger Ramsay Bolton zur Wehr setzen. Unfair und unlogisch fand ich aber dann, dass Jon Snow noch vor Sansa die Herrschaft über Winterfell UND die Königswürde angetragen wird. Jon ist in aller Augen nur ein Bastardsohn von Eddard Stark und ein Mauer-Deserteur. Ich beschwere mich hier nicht nur darüber, dass eine Frauenfigur benachteiligt wird. Es ist zum einen ein Bruch mit den Gepflogenheiten der dargestellten Feudalgesellschaft, den die Serienmacher in Kauf genommen haben, um Jon Snow als einsamen Helden hinzustellen. Außerdem haben Sansas Soldaten die Schlacht um Winterfell gewonnen (Soldaten aus dem Vale), nicht Jon und seine Leute. Daher bleibt es schleierhaft, wieso die Lords aus dem Norden Jon Snow zum „King in the North“ wählen.
Sei es, wie es sei. Ich finde es schade, dass Sansa in Staffel 7 von Game of Thrones nicht mehr zu tun hat, als majestätisch durch Winterfell zu schreiten, Anweisungen zu geben und sich ansonsten der Avancen von Littlefinger zu erwehren. Schon wieder wird Sansas Figur nur durch den (amourösen) Konflikt mit einem Mann bestimmt. Zudem scheint Sansa, die sich ja eigentlich von dem Manipulator erfolgreich losgesagt hatte, wieder in alte, naive Verhaltensmuster zurückzufallen. Als Arya sie anklagt, nichts gegen den Tod ihres Vaters unternommen zu haben, rennt sie verzweifelt zu wem? Ihrem alten Mentor Littlefinger, der sich auf ganzer Linie als schlechter Berater entpuppt hat. Aber nee, ist klar. Sansa ist einfach zu schwach, um damit fertig zu werden.
https://youtu.be/xlbmpDAeTq4
Arya hat noch nicht genug Kehlen aufgeschlitzt
Arya wiederum hat sich in Game of Thrones vom gebeutelten Mädchen zur psychopathischen Auftragskillerin entwickelt, die mehr und mehr von ihrer Paranoia zerfressen wird. Manche mögen das für cool und badass halten, aber ich finde es nur langweilig, übertrieben und auch lächerlich. Keiner hat erwartet, dass sich die ungleichen Schwestern nach der Wiedervereinigung sofort glänzend verstehen. Aber von Entwicklung kann bei Arya wirklich keine Rede sein, wenn sie immer noch eifersüchtig ist auf ihre große Schwester. Wirklich jeder in der Handlung hat sein Päckchen zu tragen, Arya, nicht nur du. Und um noch einen weiteren Logikfehler anzusprechen: Warum sollte Arya die Herrschaft von Sansa über Winterfell in Gefahr bringen? Sie würde damit nur Jon Snows Machtposition schaden, der Sansa als Stellvertreterin eingesetzt hat. Und gerade den will sie ja eigentlich rächen.
Cersei fühlt sich umzingelt
Kommen wir zu Cersei. Ich mochte sie eigentlich immer dafür, dass man sie nicht mögen kann. Sie ist eben keine leidende Frauenfigur, mit der man Mitleid haben kann. Sie ist unsympathisch, psychopathisch und völlig rücksichtslos. Das dürfen Frauen nur selten in Unterhaltungsfilmen oder -serien sein. Zudem erfährt man in den Büchern Einiges über ihre Leidensgeschichte während ihrer Ehe mit König Robert. Da kann man fast verstehen, dass sie als Entschädigung auch einmal ein Stück vom Kuchen abhaben will. Inzwischen ist sie aber zur Karikatur eines Bösewichts verkommen, einer Witzfigur. In ihrer paranoiden Rachsucht kann sie doch kein Zuschauer mehr ernst nehmen. Ich denke zum Beispiel an die Szene, in der Cersei auf der Karte von Westeros steht und sich überall von Feinden umgeben sieht. Daran, taktische Bündnisse einzugehen, denkt sie nicht. Ihr Scheitern ist dadurch so sicher wie das Amen in der Kirche. Würde man ihre Figur etwas interessanter und weniger blauäugig darstellen, wäre es vielleicht auch noch spannend, ob Daenerys demnächst den Eisernen Thron übernimmt oder nicht.
Daenerys ist verliebt
Tja, und Daenerys – hier kann ich den Serienmachern fast keinen Vorwurf machen, sie zeigen eben das, was die Zuschauer sehen wollen – eine Drachenmutter auf dem Siegeszug. Dass es so einfach nicht ablaufen wird in den Büchern, ist jetzt schon klar. Aber warum nur musste die unvermeidliche Liebesgeschichte mit Jon Snow so plump erzählt werden? Warum muss sich die starke Daenerys, die sich bisher gegen alle Hindernisse hinwegsetzen konnte, NATÜRLICH in den aufopferungsvollen Helden verlieben? Wir haben hier ein ähnliches Problem wie bei Sansa. Ohne ein männliches Pendant geht’s wohl nicht. Zu gerne hätte ich Daenerys als „Virgin Queen“ gesehen.
Hey 🙂
Das Staffelfinale hat uns ja, zumindest was Sansa und Arya angeht, eines Besseren belehrt. Gott sei Dank habe ich hier richtig mit meiner Vermutung gelegen, dass da noch ein Plottwist kommen wird :D.
Die Geschichte rund um Dany und John hat mich aber auch eher genervt, muss ich gestehen. Dadurch dass vieles in diesen sieben Folgen im absoluten Zeitraffer-Tempo erzählt wurde, war das für mich total unglaubwürdig, dass die beiden auf einmal so aufeinander abfahren …
Liebe Grüße
Ascari
YES! In deinem Text steckt so viel Wahres. Ich bin zwar bei GoT schon länger nicht mehr persönlich up to date (d.h. ich lese durchaus Recaps, gucke Clips usw., weil mir Spoiler eh nichts ausmachen, hänge aber selbst Ende der 5. Staffel oder so), aber vieles von dem, was du jetzt für die neuste Staffel schreibst, stößt mir schon länger sauer auf. Sansa ist so eine spannende Figur, wurde aber von Fans erst als badass/stark aufgefasst, als sie sich gegen Ramsay gewehrt hat. Dabei würde ich behaupten, dass die schon die ganze Zeit deutlich mehr Stärke als Arya bewiesen hat. Dasselbe gilt für Cersei. Bei der schimmerte immer durch, dass sie in eine Welt geboren wurde, die es nicht gut mit ihr meinte und die zu klein für sie war, und dass sie schlicht ein Kind dieser Welt war und sich nahm, was sie glaubte, dass ihr das nun zusteht. und Dany… Meh. Die zehrt wie Arya seit mehreren Staffeln von einem starken Moment Ende 1./Anfang 2. Staffel und seitdem ist da nichts mehr nachgekommen. Und dann soll die ein so tolles Beispiel für eine starke Frauenfigur sein? Please.
Und das Theater um Jon raffe ich sowieso nicht. Der Kerl hat keinen blassen Schimmer davon, wie er irgendetwas anpacken kann/muss oder herrschen kann/soll und die Serie ignoriert das und die Welt, in der die Geschichte erzählt wird, vollständig, indem so getan wird, als wäre es irgendwie logisch, dass auch nur eine Maus Jon folgt. Mir geht es da genauso wie dir nicht darum, dass Jon King in the North oder was auch immer wird, sondern dass in der Serie sonst immer betont wird, dass die Anführer und Mächtigen in Westeros nicht ohne Grund in ihrer Position sind (Dany hat Drachen, Cersei hat eben alle getötet, Robert war ein Kriegsheld, Ned hat seine Macht geerbt usw.), bei Jon, der gleich doppelt und dreifach benachteiligt ist, wird das aber ignoriert. Das ist schlicht faul erzählt.
Hi Aurelia,
sehr gute Beobachtungen! Ich finde auch, dass Arya und Daenerys von einem Triumph-Moment vom Anfang der Serie zehren. Da passiert nichts, keine Entwicklung mehr. Daher ist Sansas Figur soviel spannender, sie entwickelt sich durch die Serie und vor allem durch die Buchreihe hindurch kontinuierlich weiter. Außerdem ist ihre Situation viel spannender, sie musste sich immer direkt unter den Feinden behaupten und wusste nicht, wem sie trauen konnte. Arya rennt halt in der Weltgeschichte rum und lernt kämpfen und Dany hat ihre Drachen. Big Deal.
Davon, dass Dany auch nur vom Voyeurismus der männlichen Zuschauer (in der Serie) profitiert, muss ich gar nicht erst anfangen. Nix da Emanzipation. Wenn sie nur stark sein kann, wenn sie sich gleichzeitig auszieht (galt vor allem für Staffeln 1-5), dann ist das für mich eine genauso sexistische Darstellung, als wenn sie ein unterwürfiges Frauchen gewesen wäre.
Und Jon ist eh die größte Katastrophe der Serie. Im Buch ist er so viel interessanter und hält sich nicht für wunderschön. Sorry, mehr als ein Schönling ist das nicht. Ganz davon abgesehen, dass Kit Harrington nicht schauspielern kann, und wenn sein Leben davon abhinge.
Entschuldige den Wutausbruch 😉
Häckchen vergessen und nun ist mein ganzer Kommi futsch *heul!!
Hoffe ich kriegs nochmal hin – nun in gekürzter Form:
Grundlegend will man(n)/Frau ja immer nicht so gern Kritik an etwas heißgeliebten hören oder lesen … aber ich muss dir auch Recht geben, leider! Sansa hat eine solch starke Rolle eingenommen, um jetzt (wie du so schön geschrieben hast) majestätisch in den Gänge Winterfells umher zu wandeln.
Hoffen wir doch mal das in der kommenden Staffel beide Stark-Schwestern eindrucksvollere Party erhalten!
Bei Daenerys jedoch zweifel ich noch! Zum einen weil ich diese Anbandlung schon früher befürchtet hatte, zum anderen weil ein Freund hatte nach der vorletzten Folge 2 Szenen recherchiert (darunter eine mit Snow & Daenerys). Dies lässt auf einen anderen Verlauf hoffen 😉
Liebe Grüße
Janna
Hallo Sabine,
interessanter Artikel. Ich selbst bin zwar ein wahnsinniger Fan der Bücher, aber habe mittlerweile aufgehört die Serie zu gucken. Die Darstellung von Frauen in der Serie, hat mir im Gegensatz zu der in den Büchern, nie sonderlich gut gefallen. Wenn du dich für Artikel und Analysen zu Frauen in Büchern und Serie interessierst, kann ich dir den Blog Feminist Fiction oder die Website The Fandomentals empfehlen. Beide haben einige gute Sachen geschrieben, stehen aber der Fernsehserie kritisch gegenüber.
Ich glaube ich kann dir erklären, warum Jon König wurde. Ich gebe dir recht, dass es in der Serie keinen Sinn macht, aber es ist etwas, dass vermutlich im nächsten Buch passieren wird. Robb hatte Jon ja in seinem Testament zu seinem Erben ernannt und es gibt im Fandom schon seit 5 oder 6 Jahren Theorien, das Jon zum König des Nordens wird. Heißt die Serienmacher haben hier wahrscheinlich einen Plotpoint abgearbeitet, den George R.R. Martin ihnen verraten hat, aber dadurch das die ganze Storyline im Nord in der Serie so stark abgeändert wurde, haben sie sich in eine Ecke geschrieben.
LG
Elisa
Hi Elisa,
ja, ich bin ganz bei dir, die Frauenfiguren (und die Männer) sind in den Büchern natürlich bei Weitem komplexer und interessanter. In der Serie ging es immer mehr nur um Nacktszenen und Schocker.
Aaah, dass Robb Jon als Erbe einsetzt habe ich wieder vergessen – ich habe die Bücher vor etwa einem Jahr ausgelesen. Sooo viele Details!
Genau, ich glaube auch, dass Martin den Serienmachern wichtige Plotwendungen, die noch kommen, schon verraten hat. Aber hier macht es eben keinen Sinn. Sansa hat den Krieg gewonnen, nicht Jon! 🙂
Welche Frauenfigur mochtest du denn am meisten in den Büchern?
LG, Sabine
Das Sansa den Krieg gewonnen hat kann ich nicht unterschreiben. Die Serienmacher versuchen es so aussehen zu lassen, aber wenn man die Storyline genauer analysiert wird deutlich, dass sie eigentlich nichts getan hat um die Boltons zu besiegen und politisch extrem dumm agierte. Der eigentliche Sieger und Retter des Nordens ist leider kein Stark, sondern Littlefinger. Das liegt aber am, meiner Meinung nach schlechten Skript.
In den Büchern mochte ich Daenerys, Arya und Arianne Martell am liebsten, aber die anderen weiblichen Charaktere waren auch toll. Selbst unsympatische Charaktere wie Cersei sind so geschrieben, dass man mit ihren mitfühlen kann.
LG
Elisa
Da kommt unter Umständen ein interessanter Konflikt auf uns zu, wenn Sansa zurück in den Norden kommt. Wer steht dann höher in der Line of Succession? Aber Jon muss ja auch erstmal wieder auferstehen. Und ich glaube kaum, dass George es so löst wie in der Serie: Jon wird auferweckt und ist same old Jon. Aber wir dürfen gespannt sein!
Klar wird das mit Jons Auferstehung in den Büchern anders ablaufen. Zu sehen wie er nach der Auferstehung drauf ist, ist eine der Sachen, die mich in den Büchern am meisten interessiert.
Zur Frage wer in der Line of Succession höher ist.. Kurze Antwort: Keine Ahnung wir müssen abwarten.
Lange Antwort: Die Legitimierung von Bastarden ist eine Sache, die selten gemacht wird und welchen Platz Bastarde dann in der Erbfolge einnehmen ist unklar. Es ist nicht deutlich, ob sie sich hinten anstellen müssen oder den Platz in der Erbfolge einnehmen, den sie hätten, wenn sie legitim wären. Normalerweise wird eine Legitimierung nur gemacht, wenn ein Lord keine anderen Erben hat. Wir kennen bisher den genauen Wortlaut von Robbs Testament nicht und können nur spekulieren.
Robb hätte allerdings schreiben können, dass er Jon für den Fall, dass er keine eigenen Kinder bekommt, als seinen Erben einsetzt, falls es so eine Klausel gibt stände Jon an erster Stelle in der Erbfolge.
Es wird auch häufig davon ausgegangen, dass Robb Sansa enterbt hat, weil sie mit Tyrion verheiratet ist und er nicht wollte, dass Winterfell in die Hände der Lannisters fällt. In diesem Fall hätte sie keinen Anspruch auf Winterfell mehr.
Das ganze wird noch dadurch verkompliziert, dass Robb sein Testament in der Annahme schrieb, dass Rickon, Bran und Arya tot sind, was aber nicht so ist. Die Erbfolge von Winterfell ist zu diesem Zeitpunkt ziemlich undurchsichtig, wobei Bran, Rickon, Sansa und Arya in den Büchern alle zu jung wären um alleine zu herrschen und einen Regenten bräuchten.